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Aus für E-Mail-Werbung

Novelle des Telekommunikationsgesetzes bringt neuerliches Verbot von Werbung ohne vorherige Einwilligung

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In Österreich galt bereits vor der TKG-Novelle 2003 ein allgemeines Verbot von Telefon-, Fax- und E-Mail-Werbung ohne vorherige Einwilligung. Mit der Novelle wurde dieses Verbot gelockert. Seither galt es nur mehr gegenüber Konsumenten. Unternehmern durfte Werbung mit Unternehmensbezug übermittelt werden, wenn die sonstigen Regeln (Abmeldemöglichkeit, keine Verschleierung des Absenders) eingehalten wurden. Außerdem musste die ECG-Liste bei der RTR GmbH berücksichtigt werden, wo sich jeder eintragen konnte, der keine E-Mail-Werbung empfangen wollte (opt out).

Nach nur zwei Jahren werden die Regeln neuerlich geändert. Am 19.10.2005 wurde im Parlament eine TKG-Novelle beschlossen, die am 1.3.2006 in Kraft treten wird. Mit dieser Novelle hat Österreich nicht nur dem Druck der Kommission nachgegeben, sondern sich wieder einmal als Musterschüler betätigt und gleich alle Ausnahmen gekappt. Künftig sind Werbe-E-Mails ohne Zustimmung an alle Adressaten (Konsumenten und Unternehmer) unzulässig. Nach EU-Recht weiterhin zulässig gewesen wäre E-Mail-Werbung an juristische Personen.

Ab 1.3 2006 generell verboten (Konsumenten und Unternehmer) sind:

  1. Telefon- und Faxübermittlung ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers zu Werbezwecken
  2. E-Mail und SMS ohne vorherige Einwilligung zu Werbezwecken
  3. E-Mail und SMS als Massensendung (mehr als 50 Empfänger), auch ohne Werbung

Eine vorherige Zustimmung ist bei Punkt 2 und 3 nicht erforderlich, wenn folgende Voraussetzungen gleichzeitig vorliegen:

  1. Der Versender hat die Kontaktinformationen anlässlich eines Kaufes oder einer Dienstleistung vom Kunden erhalten.
  2. Er verwendet diese Daten nur für Werbung für ähnliche Produkte und Dienstleistungen.
  3. Der Empfänger erhält die Möglichkeit, die Zusendung bereits bei der Erhebung der Daten oder anlässlich jeder Zusendung abzulehnen.
  4. Der Empfänger hat die Zusendung nicht von vorneherein durch Eintragung in die ECG-Liste bei der RTR-GmbH abgelehnt.

Umgehrt ist daher nach dem 1.3. 2006 E-Mail-Werbung nur mehr in folgenden Fällen zulässig:

  1. Wenn der Adressat vorher zustimmt, wobei jede Form der Zustimmung möglich ist, schrifltich oder mündlich, ausdrücklich oder stillschweigend, sogar durch Akzeptieren von AGB
  2. Wenn der Versender die Kontaktinformation im Zusammenhang mit einem Verkauf oder einer Dienstleistung erhalten hat und die Werbung ähnliche Produkte betrifft. Dabei muss der Empfänger über die Möglichkeit der Ablehnung aufgeklärt werden. Überdies ist die Nutzung der Kontaktdaten für Werbung nur zulässig, wenn der Adressat nicht in die ECG-Liste eingetragen ist.

In den Erläuterungen zur Gesetzesnovelle findet sich eine weitergehende Zustimmungsfiktion. Es sei anzunehmen, dass ein Unternehmen, welches seine eigenen Kontaktinformationen willentlich auf seiner Website oder in anderer öffentlich zugänglicher Form veröffentlicht, durch diese Veröffentlichung eine Einwilligung im Sinne des § 107 Abs. 2 TKG 2003 zur Zusendung elektronischer Post in seinem jeweiligen Geschäftsbereich erteilt. Ebenso könne die Einwilligung im Sinne des § 107 Abs. 2 TKG 2003 durch die Mitgliedschaft in einem Verein oder einer politischen Partei als gegeben angesehen werden.

Vor dieser Auslegung muss ausdrücklich gewarnt werden. Sie entfaltet keine Rechtsverbindlichkeit, ist im Gesetzestext nicht gedeckt und es ist mehr als fraglich, ob die Gerichte einer solchen Auslegung folgen werden.

Hingegen hat sich der Oberste Gerichtshof kürzlich bei der Frage, in welcher Form die Zustimmung zu erklären ist, großzügig gezeigt. Nach der Entscheidung 1 Ob 104/05h kann eine solche Zustimmung auch durch Akzeptieren der Allgemeinen Geschäftsbedingungen erklärt werden; es bestehen keinerlei Formerfordernisse. Anders ist aber die Situation beim Nachweis der Zustimmung. Beweispflichtig für das Vorliegen einer Zustimmung ist der Werbende.

Zuletzt stellt sich noch die Frage, was mit den alten Adresslisten geschehen soll. Darf man an Adressaten, die bisher zulässigerweise Werbe-Mails erhalten haben und diese nicht durch Abbestellen beim Versender im Sinne des § 107 Abs. 4 (alt) abgelehnt haben und auch nicht in der RTR-Liste eingetragen sind, nach dem 1.3.2006 weiterhin E-Mail-Werbung versenden? Das hängt davon ab, ob man das bisherige Verhalten als Zustimmung deuten kann. Bei Kaufleuten - und es geht hier hauptsächlich um den B2B-Bereich - ist eine solche Zustimmungsfiktion nicht gänzlich ausgeschlossen.

Dagegen könnte man einwenden, dass von Experten immer wieder abgeraten wird, auf Werbe-E-Mails zu antworten, also etwa die Abbestellmöglichkeit zu nutzen, weil dadurch die E-Mail-Adresse verifiziert wird und man dann noch mehr Spam bekommt. Wenn diese Möglichkeit der Abbestellung aber nicht zumutbar ist, kann aus dem Unterbleiben schwerlich eine Zustimmung konstruiert werden. Auch bei dieser Argumentation werden wiederum Spam und seriöse E-Mail-Werbung in einen Topf geworfen. Ein österreichisches Unternehmen, das, wie vorgesehen, mit vollem Impressum wirbt, kann es sich nicht leisten, einem Wunsch auf Abbestellung nicht nachzukommen, ein anonymer Spammer aus Übersee schon. Es ist daher durchaus zumutbar, eine Werbe-Mail, die den vorgeschriebenen Inhalt hat und den Absender nicht verschleiert, mit den Worten "keine weitere Werbung" zurückzuschicken.

So gesehen könnte man daher tatsächlich argumentieren, dass an die bisherigen Werbungs-Empfänger weiterhin Werbung per E-Mail verschickt werden darf. Wie die neue Rechtslage aber tatsächlich auszulegen ist, kann man mit Sicherheit erst sagen, wenn eine höchstgerichtliche Entscheidung dazu vorliegt. Ein Musterprozess könnte da durchaus die Zeit der Rechtsunsicherheit verkürzen.

Siehe auch:

17.1.2006 (Ergänzungen 14.2.2006)

Franz Schmidbauer

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