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Nicht schon wieder der Link!

Anmerkung zur Entscheidung pornotreff.at - 4 Ob 219/03i

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Bei dieser Entscheidung geht es eigentlich primär gar nicht um eine Linkproblematik. Die Beklagte hatte unter verschiedenen Sex-Domains Zugangsseiten eingerichtet, von denen Links zu einer weiteren Website führten, von der man über kostenpflichtige Mehrwertnummern Zugang zu Life-Cams mit Pornodarbietungen erhielt. Rechtlich ging es primär um die Frage, ob eine Life-Cam-Darbietung ein Dienst der Informationsgesellschaft ist und damit unter das E-Commerce-Gesetz fällt. Weiters ging es um die Frage, ob der Betreiber der Zugangsseiten für eine Wettbewerbsverletzung in Form einer irreführenden Angabe über die Kosten auf der Portalseite haftet, obwohl er nur einen Link dorthin gelegt hatte. Die Situation muss man sich also wie folgt vorstellen: Die Sites A1, A2, A3, usw., deren Domains sexuelle Begriffe quasi als Köder enthielten, linkten auf die Site B, von der man mit Dialern auf die Web-Cam-Sites C1, C2, C3 usw. gelangte. Offenbar - feststellbar ist das nicht mehr, weil die Websites geändert wurden - enthielten die Sites A1, A2, A3, usw. mit Ausnahme des Zugangslinkes zu B keine eigenen Inhalte. Der OGH ist bei dieser Sachlage zum Ergebnis gelangt, dass die Beklagte als Betreiberin der Sites A1, A2, A3, usw. für die Wettbewerbsverletzung von B mithaftet.

So weit, so gut. Der Internetjurist wird sich jetzt vielleicht fragen, ob am OGH das Inkrafttreten des E-Commerce-Gesetzes mit seiner Haftungsbefreiung für den Linksetzer spurlos vorbeigegangen ist. Interessanterweise findet sich in der ganzen Entscheidung kein Hinweis auf die Bestimmung des § 17 ECG. Das könnte bedeuten, dass sich die Beklagte nicht darauf berufen hat. Nun gilt zwar der Grundsatz "iura novit curia" - das Gericht muss den Sachverhalt selbst rechtlich beurteilen und die entsprechende gesetzliche Regelung anwenden -, dazu hätte aber zumindest vorgebracht werden müssen, dass die Beklagte nichts von der Rechtsverletzung auf der gelinkten Seite gewusst hat. Gerade zum Verhältnis A zu B gibt die Entscheidung aber nichts preis. Ich vermute, dass die beiden unter einer Decke steckten oder überhaupt ident waren, möglicherweise war B nur eine "off-justice-Postkastenfirma von A. Die Sites A1, A2, A3 usw. hätten demnach nur als Lockmittel gedient, als verbreitertes Portal sozusagen. Warum von diesen Sites nicht automatisch (mit einem refresh-Tag) auf die Site B weitergeleitet wurde, sei dahingestellt, vielleicht hat die Weiterleitung gerade nicht funktioniert. In solchen Fällen erscheint meist ein Link, damit man auch manuell durch Anklicken zur eigentlichen Zielseite kommt. Ein Indiz, dass tatsächlich A und B unter einer Decke gesteckt haben, ist, dass unter A1 und B mittlerweile dieselbe Website zugänglich ist. Diese Sachlage erinnert im übrigen sehr an den Sachverhalt der Entscheidung jobmonitor.com; auch dort lag eine Identität der Anbieter nahe.

Wenn das so war, kommt natürlich das Haftungsprivileg des § 17 ECG nicht zur Anwendung, weil jedenfalls Kenntnis vom Inhalt der gelinkten Seite besteht oder sogar Dienstanbieteridentität (§ 17 Abs. 2).

15.3.2004

Franz Schmidbauer

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