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Schutz eines Geleitwortes

Beschluss des OGH vom 9.4.2002, 4 Ob 77/02f

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. O***** Gesellschaft mbH & Co KG, *****, 2. L*****, vertreten durch die Erstklägerin, diese vertreten durch Hon. Prof. Dr. Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei K***** Gesellschaft mbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Bernhard Krause, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Zahlung (Gesamtstreitwert 51.597,71 EUR), über die außerordentliche Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Jänner 2002, GZ 3 R 132/01f-29, den

Beschluss 

gefasst:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtssatz

Die Beklagte macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, das zu mehreren, von ihr formulierten Fragen keine Rechtsprechung bestehe. Diese Fragen betreffen einerseits den vom Berufungsgericht bejahten Eingriff in das Werknutzungsrecht der Erstklägerin durch den Abdruck einer gekürzten Fassung des als Geleitwort zu einem Bildband erschienenen und auch als Vortrag veröffentlichten Textes "Der Österreicher" von Karl Heinrich Waggerl, andererseits beziehen sie sich auf den Eingriff in das Werknutzungsrecht der Erstklägerin durch den Abdruck eines Gedichts von Christine Busta. 

Was den Eingriff in die Verwertungsrechte am Werk Karl Heinrich Waggerls betrifft, so stellten sich die Fragen im Zusammenhang mit dem Verhältnis der beiden Texte zueinander nur, wenn der den Bildband verlegende Verlag, mit dessen Zustimmung die Beklagte den Text abgedruckt hat, auch tatsächlich berechtigt gewesen wäre, die Zustimmung zu erteilen. Voraussetzung dafür wäre jedenfalls die Erteilung eines Werknutzungsrechts durch den Autor gewesen; eine Werknutzungsbewilligung (§ 24 Abs 1 Satz 1 UrhG) berechtigt nur dazu, das Werk auf die vereinbarte Art zu nutzen; sie begründet, anders als die Erteilung eines Werknutzungsrechts, nur ein relatives und nicht ein absolutes Recht (Ciresa, Österreichisches Urheberrecht § 24 Rz 5). Die Beweislast für die ihr günstige Tatsache, dass der Autor dem Verlag ein Werknutzungsrecht erteilt hatte, traf die Beklagte. Das Erstgericht konnte jedoch den genauen Inhalt der Vereinbarung zwischen dem Autor und dem Verlag nicht feststellen. Die Beklagte macht im Zusammenhang damit als erhebliche Rechtsfrage geltend, ob eine Verschiebung der Beweislast gerechtfertigt wäre, weil es sich um "den Text eines bloßen Geleitworts" gehandelt hat und weil zwei authentische, aber zum Teil verschiedene Textfassungen vorlagen, an denen der Autor jeweils verschiedenen Personen Rechte eingeräumt hat, von denen eine dem Abdruck zugestimmt hat. 

Die von der Beklagten genannten Kriterien haben mit der von der Rechtsprechung für eine Umkehr der Beweislast - insbesondere im Zusammenhang mit der Alleinstellungswerbung - geforderten "Nähe zum Beweis" nichts zu tun. Danach kommt es darauf an, ob der mit dem Beweis Belastete mangels genauer Kenntnisse der Tatumstände ganz besondere unverhältnismäßige Beweisschwierigkeiten hat, während seinem Gegner die notwendigen Informationen zur Verfügung stehen und es ihm daher nicht nur leicht möglich, sondern nach Treu und Glauben auch ohne weiteres zumutbar ist, die erforderlichen Aufklärungen zu geben (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht³ § 24 Rz 33 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). 

Im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, dass es für die Klägerin als außenstehender Dritter leichter wäre, den Inhalt von Vereinbarungen zwischen dem Autor und einem Verlag zu beweisen als der Beklagten, die ihre Rechte von diesem Verlag ableitet. Die von der Beklagten weiters als erheblich geltend gemachte Rechtsfrage, ob ein Geleitwort ein Werk ist, an dem ein Werknutzungsberechtigter analog § 28 Abs 2 Z 1 UrhG auch ohne Einwilligung des Autors Verwertungsrechte übertragen darf, stellt sich nicht, weil nicht feststeht, dass der den Bildband verlegende Verlag Werknutzungsberechtigter war. Es kommt daher nicht darauf an, ob ein Geleitwort den in dieser Bestimmung näher beschriebenen Werken gleichgehalten werden kann. 

Im Zusammenhang mit der Verletzung der Verwertungsrechte am Werk Christine Bustas macht die Beklagte als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass zwischen der angefochtenen Entscheidung und der jüngsten Rechtsprechung zum Verhältnis zwischen dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und dem Urheberrecht ein unlösbarer Wertungswiderspruch bestehe. Die Beklagte beruft sich auf die Entscheidung 4 Ob 127/01g (= MR 2001, 304 [Swoboda, Walter] - Medienprofessor). 

In der genannten Entscheidung hat der erkennende Senat ausgesprochen, dass das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf freie Meinungsäußerung einem urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch entgegenstehen kann. Gegenstand dieser Entscheidung war die Aufnahme einer Serie von Zeitungsartikeln in die Homepage des "Medienprofessors", mit dessen Tätigkeit und finanzieller Gebarung sich die Zeitung in den in die Homepage aufgenommenen Artikeln kritisch auseinandergesetzt hatte. Der von der Herausgeberin der Zeitung und Werknutzungsberechtigten geltend gemachte Unterlassungsanspruch wurde mit der Begründung verneint, dass das mit der Aufnahme der Artikel in die Homepage ausgeübte Recht auf freie Meinungsäußerung weit schwerer wiege als die Interessen der Klägerin. Die Klägerin werde durch die Aufnahme der Artikel in ihren wirtschaftlichen Interessen nicht berührt. Ihre Berufung auf das urheber- und leistungsschutzrechtliche Ausschließungsrecht könne nur den Zweck verfolgen, eine Auseinandersetzung mit der durch die Artikelserie dokumentierten Medienkampagne zu verhindern. Dass dieser Zweck eine Einschränkung der Meinungsfreiheit durch das Urheber- und Leistungsschutzrecht in einer demokratischen Gesellschaft nicht rechtfertigen könne, bedürfe keiner Begründung. 

Im vorliegenden Fall trifft keine dieser Voraussetzungen zu. Der Abdruck eines Gedichts ohne Einwilligung der Erstklägerin beeinträchtigt deren wirtschaftliche Interessen, weil der Abdruck regelmäßig nur gegen Entgelt gestattet wird; ihre Berufung auf das Ausschließungsrecht dient daher (jedenfalls auch) wirtschaftlichen Interessen. Die Beklagte vermag auch nicht darzulegen, warum nur der entgeltfreie Abdruck des Gedichts geeignet sein soll, die Auseinandersetzung mit dem Werk der Dichterin zu fördern. Dass ihr der Abdruck gegen (angemessenes) Entgelt nicht gestattet worden wäre, behauptet sie nicht.

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