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firn.at

OGH, Urteil vom 25.5.2004, 4 Ob 36/04d

MSchG § 10 Abs. 2

*****   Zusammenfassung   *****

Die Inhaberin der Marke "Firn" (Pfefferminzbonbon mit einem Bekanntheitsgrad von 87 % bei Bonbon- und Schokoladekonsumenten und 24 % aller Befragten) klagt die Betreiberin der "Firn Bar & Casting Cafe" in Wien und Inhaberin der Domains www.firn.at und www.firn.co.at auf Unterlassung und Löschung.
Das Erstgericht wies die Klage mangels Klassenidentität, die eine Verwechslungsgefahr ausschließe, ab, das Berufungsgericht bestätigte.

Der OGH gibt der Revision Folge. Ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt. Da im gegenständlichen Fall die Marke mit Ausnahme des bloß beschreibenden Zusatzes "Bar & Casting Cafe" gleich ist, sind an das Erfordernis der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit wesentlich geringere Anforderungen zu stellen. Zwischen der Herstellung und dem Vertrieb von Süßwaren, insbesondere Pfefferminzbonbons mit Schokofüllung, und dem Betrieb eines Cafes/Barbetriebs besteht keine derart durchgreifende Verschiedenheit der Waren bzw Dienstleistungen, die die Verwechslungsgefahr ausschließen würde. Darüber hinaus besteht aber bei einem allgemeinen Bekanntheitsgrad von 24 % auch der Schutz der bekannten Marke nach § 10 Abs. 2 MSchG. Die danach notwendige Rufausbeutung ist auch unlauter, weil es nahe liegt, dass die Assoziation des Frische-Geschmackes vom Bonbon auf die Produkte des Betriebes der Beklagten übertragen werden sollte. Da der Markenberechtigte auch einen Beseitigungsanspruch habe, sei auch das Begehren auf Löschung der Domains gerechtfertigt.

*****   Entscheidung   *****

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** KG, ***** vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Thomas F***** KEG, ***** und 2. Thomas F*****, beide vertreten durch Dr. Norbert Nowak, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 48.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Oktober 2003, GZ 2 133/03y-12, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 16. April 2003, GZ 19 Cg 141/02k-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung unter Einschluss des bestätigten Ausspruchs insgesamt zu lauten hat:

"Die beklagten Parteien sind schuldig, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die für die klagende Partei registrierte österreichische Marke Nr 44.667 FIRN zur Kennzeichnung der Dienstleistungen eines Kaffeehauses zu benutzen und die Internet-Domains www.firn.at und/oder www.firn.co.at und/oder eine andere die österreichische Marke Nr. 44.667 enthaltende Internet-Domain zur Kennzeichnung ihrer Hompage zu verwenden. Weiters ist die erstbeklagte Partei schuldig, in die Löschung der Registrierung der Internet-Domains www.firn.at und www.firn.co.at einzuwilligen und binnen 14 Tagen nach Rechtskraft des Urteils alle zur Löschung des Domainnamens erforderlichen Handlungen vorzunehmen.
Die klagende Partei wird ermächtigt, den stattgebenden Teil des über die Klage ergehenden Urteilsspruchs binnen sechs Monaten auf Kosten der beklagten Parteien im redaktionellen Teil der Tageszeitung "Neue Kronen Zeitung" (Ausgabe für Wien), in Normallettern, wie für redaktionelle Beiträge bestimmt, mit Fettdruckumrandung und Fettdrucküberschrift, sowie gesperrt und fettgedruckten Namen der Prozessparteien sowie der Bezeichnung Firn veröffentlichen zu lassen.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 7.600,90 EUR (darin 1.165,58 EUR USt und 1.190,20 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die beklagten Parteien sind weiters zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 8.622,61 EUR (darin 782,55 EUR USt und 3.927,30 Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Inhaberin der österreichischen Marke Nr. 44.667 FIRN mit Priorität vom 4. 10. 1960. Die Marke genießt Schutz in den Warenklassen 5 und 30.

Unter dieser Bezeichnung werden seit vielen Jahren die "Firn-Bonbons", nämlich Pfefferminzlutschzuckerl mit Schokofüllung, angeboten. In früheren Jahren wurde das Produkt - wie auch das Bonbon "Arosa", das nicht mehr hergestellt wird - intensiv im Fernsehen beworben. Seit Übernahme der Marke durch die Firma Nestle und in weiterer Folge durch die Klägerin war dies zwar nicht mehr der Fall, dennoch wird der Name "Firn" bei gestützter Befragung von 87 % der befragten Österreicher, die mindestens einmal im Monat Bonbons und Schokoladeprodukte essen und zwischen 14 und 69 Jahre alt sind, diesem Produkt zugeordnet und von 24 % der Befragten spontan als Name eines Bonbons genannt. Ein bestimmtes Vorstellungsbild der Verbraucher kommt der Marke FIRN über Bonbons oder Süßwaren hinaus nicht zu; mit anderen Produkten der Klägerin und mit dieser selbst wird er nicht in Verbindung gebracht.

Die Erstbeklagte, deren persönlich haftender Gesellschafter der Zweitbeklagte ist, betreibt seit Februar 2000 unter der Bezeichnung "Firn Bar & Casting Cafe" ein Nachtcafe/einen Barbetrieb in Wien. Es werden vor allem alkoholische Getränke und an Speisen lediglich kleine Imbisse angeboten. Die Beklagten veranstalten in ihrem Lokal verschiedene "Events", etwa Castingveranstaltungen, bei denen unter anderem auch Go-go-Girls auftreten. Im Sommer findet auch tagsüber ein Kaffeebetrieb mit Schanigarten statt. Die Beklagten betreiben am genannten Standort aber weder ein Animier- noch ein Stripteaselokal. Firn-Bonbons werden weder entgeltlich noch als Zugabe zu Kaffee oder zur Rechnung gegeben. Die Zugabe von Süßigkeiten zu Heißgetränken und bei der Rechnungsübergabe kommt - vor allem in Restaurants oder Kaffeehausbetrieben der gehobenen Klasse - verbreitet vor.

Das beschriebene Lokal trägt seit der Eröffnung durch die Beklagten die Bezeichnung "Firn Bar & Casting Cafe", die sie allgemein in dem das Lokal betreffenden Geschäftsverkehr verwenden. Bei der Wahl der Etablissementbezeichnung spielte als persönliches Motiv des Zweitbeklagten der Umstand eine Rolle, dass er in der "Arosa-Bar", die seit Jahren existiert und ihren Namen von dem Schweizer Schiort ableitet, tätig war, wobei dieser Betrieb der Mutter seiner früheren Lebensgefährtin gehörte. Der Name Firn hatte weniger den Zweck, seinen neuen Betrieb mit dem früheren Tätigkeitsbereich in Beziehung zu setzen, sondern war mehr eine Spitze gegen die frühere Lebensgefährtin. Dieser Zusammenhang ist aber nur für Personen, die wissen, dass der Zweitbeklagte in der Arosa-Bar gearbeitet hatte und wem diese gehörte, ersichtlich.

Der Zweitbeklagte ließ am 25. 8. 2000 die Domain www.firn.at, ebenso wie die Domain www.firn.co.at auf den Namen der Erstbeklagten registrieren. Zu diesem Zeitpunkt dachte er weder an den Verkauf der Domains oder an eine Behinderung der Klägerin noch beabsichtigte er solches. Bei Eingabe der Domain www.firn.co.at wird man auf die website www.domainname.at weitergeleitet. Dies erfolgte zunächst auch bei der Domain www.firn.at bis etwa Juni/Juli 2002. Hiebei handelt es sich um die Homepage des Providers, in der Informationen über dessen Anbote sowie Kosten verfügbarer und auch verkäuflicher Domains aufscheinen. Die Weiterleitung auf diese Homepage erfolgte automatisch, solange unter der Domain weder eine eigene Hompage noch ein Link zu einer anderen Seite eingerichtet war. Dies war dem Zweitbeklagten nicht bekannt. Die beiden Domains "firn" waren nie als zum Verkauf stehend angeführt. Aus wirtschaftlichen und zeitlichen Gründen verzögerte sich die Einrichtung einer Hompage für das Etablissement der Beklagten bis etwa Juni/Juli 2002. Ab diesem Zeitpunkt betrieb der Zweitbeklagte eine Website zur Bewerbung des "Firn Bar & Casting Cafe" unter der Domain www.firn.at. Diese enthält Informationen zum Lokal und Fotografien vom Betrieb. Sie enthält auch Fotografien der aktuellen Casting-Events und von Go-go-Girl-Darbietungen. Diese Gestaltung ist auf das für den Betrieb der Beklagten in Frage kommende Publikum zugeschnitten. Bei Aufruf der Website www.firn.at ist schon auf der Startseite die Bezeichnung "Firn Bar & Casting Cafe" zu erkennen, das sich von der grafischen Gestaltung der Marke FIRN der Klägerin unterscheidet. Es sind keine Hinweise auf Bonbons der Marke FIRN oder deren Hersteller oder andere Süßwaren gesetzt.

Die Klägerin begehrt, die Beklagten schuldig zu erkennen, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die für die Klägerin registrierte Marke FIRN zur Kennzeichnung der Dienstleistungen eines Kaffeehauses zu benutzen und die Internet-Domains www.firn.at und/oder www.firn.co.at und/oder eine andere die Marke der Klägerin enthaltende Internet-Domain zur Kennzeichnung ihrer Homepage zu verwenden; weiters den Erstbeklagten zur Einwilligung in die Löschung der Registrierung der Internet-Domains www.firn.at und www.firn.co.at sowie zur Vornahme aller zur Löschung des Domainnamens erforderlichen Handlungen zu verpflichten und schließlich der Klägerin die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in der "Neuen Kronen Zeitung" zu erteilen. Die Marke FIRN habe in Österreich den Status einer bekannten Marke. Ein demoskopisches Gutachten habe gezeigt, dass im Jahr 2002 87 % der österreichischen Konsumenten die Marke FIRN gekannt haben. Die Beklagten beuteten den Ruf und die Wertchätzung der Klägerin aus, indem sie ein Cafe unter der Bezeichnung "FIRN" betreiben und dieses unter der Domain www.firn.at bewerben. Die Registrierung der Domain www.firn.at sowie www.firn.co.at sei in Vermarktungs- und/Behinderungsabsicht erfolgt; die Domain sei im Jahr 2001 auf eine Homepage umgeleitet gewesen, die sich mit dem Kauf und Verkauf von Domains beschäftigt habe. Eine von der Klägerin angestrebte vergleichsweise Einigung sei an den überzogenen finanziellen Forderungen der Beklagten gescheitert. Die Markenrechtsverletzung liege darin, dass die Beklagten ein mit der Marke der Klägerin identes Zeichen zur Kennzeichnung und Bewerbung ihres Kaffeebetriebes verwendeten. Da in einem Kaffeehaus Süßwaren abgegeben werden, liege sogar eine gewisse Warenähnlichkeit vor.

Zumindest werde der gute Ruf der Bonbonmarke Firn auf das Kaffeehaus der Beklagten übertragen. Es liege nahe, dass das Publikum erwarte, im Cafe Firn etwa Firn-Bonbons als Zugabe zu diversen Heißgetränken serviert zu erhalten. Auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, werde durch diesen gängigen Brauch bei potentiellen Besuchern die Assoziation zu den bekannten Firn-Bonbons der Klägerin erweckt. Bei Verneinung einer Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen bestehe der Markeneingriff im unlauteren Ausnützen der Bekanntheit der Marke der Klägerin für die Zwecke der Beklagten. Der Marke FIRN komme eine sehr hohe Kennzeichnungskraft zu. Das Publikum werde das Cafe Firn jedenfalls mit den für ihre Frische bekannten Firn-Bonbons in Verbindung bringen und den guten Ruf der Produkte der Klägerin auf das Etablissement der Beklagten übertragen. Damit werde die Wertschätzung der Marke der Klägerin ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenützt und die Unterscheidungskraft der Marke der Klägerin beeinträchtigt, indem die Marke FIRN durch die Beklagten verwässert werde. Da im Cafe Firn auch Veranstaltungen stattfinden, bei denen gestript werde oder Go-go-Girls auftreten, werde vor allem bei Kindern und Eltern der gute Ruf der Marke der Klägerin beeinträchtigt, wenn sie mit solchen Veranstaltungen in Verbindung gebracht werde.

Bezüglich der Registrierung und Verwendung der Domain www.firn.at sei die Ausbeutung der Bekanntheit der Marke der Klägerin durch die Beklagten evident. Jeder Internetnutzer, der Informationen über Firn-Bonbons im Internet suche, werde die dafür naheliegende Domain www.firn.at aufrufen und so ungewollt mit Informationen über das Cafe Firn konfrontiert werden. Durch die Ausnutzung der bekannten Marke der Klägerin erreichen die Beklagten eine größere Anzahl von Internetnutzern mit ihrer Homepage. Sie handelten damit auch wettbewerbswidrig iSd § 1 UWG, indem sie die mit der Marke der Klägerin verbundenen Gütevorstellungen auf ihren Dienstleistungsbetrieb übertragen (Rufausbeutung). Sittenwidrig sei das Verhalten der Beklagten aber auch unter dem Gesichtspunkt des Domain-Grabbing. Die Beklagten hätten die Domain in Vermarktungs- oder/und Behinderungsabsicht registriert und zum Verkauf angeboten. Das von den Beklagten betriebene Cafe werde offensichtlich erst in letzter Zeit als Cafe Firn bezeichnet, sonst hätten die Beklagten die Domain sicherlich nicht auf eine Website, die sich mit dem Verkauf von Domains beschäftige, umgeleitet, sondern eine Homepage für ein Cafe Firn eingerichtet. Die mit der Registrierung der Domain eintretende Behinderung der Klägerin sei den Beklagten zum Zeitpunkt der Registrierung bestens bekannt gewesen.

Die Beklagten wenden ein, FIRN sei nicht schutzfähig. Es handle sich um einen allgemein gebräuchlichen Begriff für Schnee im Hochgebirge. Jedenfalls komme dem Begriff nur eine sehr geringe Unterscheidungskraft zu. Die Marke der Klägerin sei nur für die Klassen 5 und 30 registriert, nicht aber für solche Klassen, die den von den Beklagten angebotenen Dienstleistungen entsprächen, weshalb Verwechslungsfähigkeit ausscheide. Kein Kunde des Lokals der Beklagten werde eine gedankliche Verbindung mit dem von der Klägerin vertriebenen Firn-Bonbon herstellen. Ein besonderer Ruf der Marke (die Frische der Firn-Bonbons) sei nicht auf die Dienstleistungen der Erstbeklagten übertragbar und damit konkret nicht ausbeutbar. Auch eine Beeinträchtigung der Wertschätzung der Marke FIRN sei mit einer in Showbars üblichen Stripvorführung in den späten Nachtstunden nicht verbunden.

Die Registrierung der Domains sei bereits im Dezember 2000 und nicht deshalb erfolgt, um geschäftliche Tätigkeiten der Klägerin zu behindern oder die Domain zu vermarkten, sondern um auf der Homepage die Showbar der Beklagten zu bewerben, was seit Juni/Juli 2002 auch stattfinde. Eine Umleitung auf eine Vermarktungs-Website hätten die Beklagten nie veranlasst. Das Lokal der Erstbeklagten trage seit der Eröffnung im Februar 2002 die Bezeichnung "Firn Bar & Cafe" Die Marke der Klägerin FIRN sei überdies nicht allgemein bekannt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. FIRN als Wort des allgemeinen Sprachgebrauchs, das zur Ware (Bonbon) und deren Eigentümlichkeiten in keiner Beziehung stehe, habe als relative Fantasiebezeichnung zulässigerweise als Marke registriert werden dürfen. Eine Markenrechtsverletzung nach § 10 Abs 1 MSchG liege nicht vor, weil die Marke der Klägerin in den Warenklassen 5 und 30 Schutz genieße und für den Durchschnittsverbraucher Bonbons und sonstige den geschützten Klassen 5 und 30 zugehörige Waren der Klägerin von den von den Beklagten angebotenen Dienstleistungen ohne Weiteres zu unterscheiden seien. Der Inhalt der unter Verwendung der Domain www.firn.at betriebenen Website lasse eine durchgreifende Waren- und Branchenverschiedenheit erkennen, die eine Verwechslungsgefahr und einen Markeneingriff iSd § 10 Abs 1 Z 2 MSchG ausschließe. Die für eine Markenverletzung gemäß § 10 Abs 2 MSchG vorausgesetzte Unlauterkeit, also besondere Umstände für die Verwerflichkeit der Anlehnung, fehlten in diesem Fall. Auch wenn der Zweitbeklagte tatsächlich durch die Bezeichnung seines Etablissements - wenn auch nicht zu geschäftlichen Zwecken - einen Bezug zur "Arosa-Bar" herstellen habe wollen, so bleibe dem durchschnittlichen Konsumenten von Süßwaren ein derartiger Bezug verborgen. Jedenfalls schaffe die Bezeichnung FIRN für den Kundenkreis der Beklagten keinen Zusammenhang mit dem von der Klägerin vertriebenen Bonbon. Eine Assoziation zu "Arosa" und damit zu FIRN sei nicht zu erwarten. Dass sich das Publikum eines Kaffeehauses die Zugabe von Firn-Bonbons erwarte, könne nicht angenommen werden. Selbst wenn dies so wäre, sei daraus noch keine Verbindung des Etablissementbetreibers zu den Bonbons oder eine Übertragung deren Rufs oder der mit den Bonbons verbundenen Gütevorstellungen zu folgern. Die Marke der Klägerin verfüge zwar in quantitativer Hinsicht über die Voraussetzungen einer bekannten Marke iSd § 10 Abs 2 MSchG, doch sei sie für die Dienstleistung der Beklagten nicht ausbeutbar, weil sich ein bestimmtes Vorstellungsbild des Verbrauchers über die Qualität des Bonbons hinaus, die sich für eine Dienstleistung im Betriebe der Gastronomie übertragen oder ausbeuten lasse, nicht feststellen habe lassen. Es handle sich beim Zeichen FIRN um einen Begriff der Allgemeinsprache, der sich nicht völlig monopolisieren lasse. Die mit diesem Zeichen verbundene Vorstellung von Schnee und Winter lasse sich vom Verkehr im gleichen oder größeren Umfang auf die Erbringung von gastronomischen Dienstleistungen übertragen. Eine kommerzielle Ausbeutung des guten Rufs der Marke der Klägerin sei daher nicht gegeben. Dies gelte auch für die Domain www.firn.at. Auch der Ruf der Marke der Klägerin sei infolge auffallender Branchenunterschiedlichkeit nicht gefährdet. Auch die Unterscheidungskraft der Marke der Klägerin werde weder ausgenützt noch beeinträchtigt. Eine Bewerbung der Marke in elektronischen Medien sei seit der Übernahme durch die Klägerin nicht mehr erfolgt, womit auch der Werbewert gesunken sei. Es fehle eine für die Beklagten ausnutzbare Aufmerksamkeit. Die Bekanntheit der Marke der Klägerin sei im Wesentlichen auf Bonbons beschränkt, jedenfalls sei sie nicht so bekannt, dass eine Ausdehnung des Schutzbereichs so weit gehen könne, dass auch gastronomische Dienstleistungen in Nachtbarbetrieben davon erfasst wären. Für eine derartige Ausschlusswirkung der Marke bedürfe es einer überragenden Verkehrsgeltung, die die Bonbonmarke FIRN nicht vorweisen könne. Es liege daher auch keine sittenwidrige Rufausbeutung iSd § 1 UWG vor. Der Zweitbeklagte habe bei Registrierung an einen Verkauf oder eine Behinderung der Klägerin nicht gedacht, vielmehr habe er ein nachvollziehbares Eigeninteresse an der beabsichtigten Bewerbung des eigenen Unternehmens gehabt.

Das Berufungsgericht bestätigte die Klageabweisung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels ohne Weiteres sich ergebender Ableitung der Lösung dieses Falles aus der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zulässig sei. Es bestehe konkret keine Gefahr, das Publikum werde glauben, die Firn-Bonbons und die von der Erstbeklagten im Rahmen des Nachtcafes/Barbetriebs angebotenen Dienstleistungen seien denselben oder wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen zuzuordnen. Es könne dahinstehen, ob FIRN die quantitativen und qualitativen Voraussetzungen einer bekannten Marke erfülle. An der Herstellung einer gedanklichen Verbindung zum Firn-Bonbon oder dem Unternehmen und seiner Herkunft oder damit verbundenen Unternehmen sei dem Zweitbeklagten deutlich nicht gelegen gewesen. Bei der gegebenen Sachlage könne aufgrund der Entfernung der Waren/Dienstleistungen nicht von einer Übertragbarkeit eines wohl konkret durch den frischen Pfefferminzgeschmack des Firn-Bonbons begründeten guten Rufs auf die Dienstleistungen der Beklagten ausgegangen werden. Schon gar nicht könne aufgrund desselben Umstands darauf geschlossen werden, dass die Beklagten die Qualität der eigenen Ware mit der der Klägerin in Beziehung gesetzt haben, um Letztere als Vorspann für den eigenen Absatz zu nutzen. Auch eine Rufschädigung in Form einer Übertragung negativer Vorstellungen auf die Marke der Klägerin sei nicht zu befürchten, weil die Eigenschaften der Dienstleistungen der Beklagten gegenüber der Marke der Klägerin neutral seien. Einer Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft stehe die Branchenferne entgegen. FIRN komme als beschreibender Angabe keine Eigenart zu. In Fällen beschreibender Bezeichnungen und Gattungsbezeichnungen könne die Registrierung als Domain nicht unlauter sein. Die subjektiven Voraussetzungen für einen Verstoß gegen § 1 UWG unter dem Aspekt des Domain-Grabbings lägen nicht vor.

Rechtssatz

Die gegen dieses Urteil von der Klägerin erhobene Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und auch berechtigt.

§ 10 Abs 1 Z 2 MSchG gestattet es dem Inhaber einer (prioritätsälteren) Marke, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke gleiches oder ähnliches Zeichen für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Was unter Benutzung eines Zeichens zu verstehen ist, ergibt sich aus § 10a MSchG. Darunter wird (unter anderem) verstanden, unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen (Z 2). Für den Begriff der Verwechslungsgefahr gilt gemeinschaftsweit ein einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat. Danach ist - ebenso wie nach ständiger österreichischer Rechtsprechung - die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159 - T-One mwN; ÖBl 2003, 182 - Kleiner Feigling ua). Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken, deren Kennzeichnungskraft und Bekanntheitsgrad auf dem Markt und der Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist. So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH ÖBl 1999, 105 - Cannon/Canon; ecolex 2002, 444; ÖBl 2003, 182 - Kleiner Feigling mwN). Folge dieser Wechselwirkung ist es, dass bei Warenidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Warenabstand (RIS-Justiz RS0116294; zuletzt 4 Ob 225/03x).

Die Beklagten verwenden im vorliegenden Fall zur Bezeichnung des von ihnen betriebenen Lokals - abgesehen vom bloß beschreibenden Zusatz "Bar & Casting Cafe" - dasselbe Wort "Firn", das zugunsten der Klägerin markenrechtlich seit langem geschützt ist und im Zusammenhang mit den von ihr vertriebenen Pfefferminzbonbons mit Schokofüllung sehr hohe Bekanntheit erlangt hat. Daraus folgt aber im Sinne der oben dargelegten Grundsätze, dass an das Erfordernis der Waren- oder Dienstleistungsgleichartigkeit oder -ähnlichkeit wesentlich geringere Anforderungen zu stellen sind als in Fällen bloßer Marken/Kennzeichenähnlichkeit. Der Oberste Gerichtshof vermag sich daher der Auffassung der Vorinstanzen, dass zwischen der Herstellung und dem Vertrieb von Süßwaren, insbesondere Pfefferminzbonbons mit Schokofüllung, und dem Betrieb eines Cafes/Barbetriebs eine derart durchgreifende Verschiedenheit der Waren bzw Dienstleistungen besteht, die die Verwechslungsgefahr ausschließt, nicht anzuschließen. Zwar hat der Oberste Gerichtshof in vielen Entscheidungen festgehalten, dass bei durchgreifender Verschiedenheit der Waren (Dienstleistungen) eine Verwechslungsgefahr nicht angenommen werden kann (RIS-Justiz RS0079593), in SZ 53/69 = ÖBl 1981, 24 - Tabasco) aber in einem mit dem vorliegend zu entscheidenden Fall durchaus vergleichbaren Fall ausgesprochen, dass im Verhältnis zwischen einem Betrieb, dessen Gegenstand die Herstellung und der Vertrieb von Nahrungsmitteln und Getränken ist, und einem gastgewerblichen Betrieb in der Form eines Cafe-Restaurants nicht davon gesprochen werden kann. Die für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgebliche Gefahr, dass das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Diensteistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen, besteht sehr wohl (Kucsko, Geistiges Eigentum, 395 mwN).

Darüber hinaus ist im vorliegenden Fall entgegen der von den Vorinstanzen vertretenen Auffassung der Unterlassungsanspruch der Klägerin auch nach § 10 Abs 2 MSchG begründet. Diese Bestimmung gestattet es dem Inhaber einer eingetragenen Marke auch, es Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke gleiches oder ihr ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke eingetragen ist, wenn diese im Inland bekannt ist und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. Die Marke muss - als eine Voraussetzung - einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt sein, wobei feste Prozentsätze nicht einmal im Sinne einer absoluten Untergrenze maßgeblich sind (Ströbele/Hacker, MarkenG7, § 14 Rn 153 mwN zur Rsp des EuGH und BGH; Kucsko aaO 447 mwN). Ausgehend von den festgestellten 24 % der Befragten, die FIRN spontan als Name eines Bonbons genannt haben, ist die Marke der Klägerin daher als bekannt einzustufen, ohne dass auf die Problematik einer "gestützten Befragung", die einen Bekanntheitsgrad von 87 % in jener Gruppe der befragten Österreicher ergab, die mindestens einmal im Monat Bonbons und Schokoladeprodukte essen und zwischen 14 und 69 Jahren alt sind, eingegangen werden muss. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Aussage des Zweitbeklagten selbst zu verweisen, der angab, Firn-Zuckerln und Arosa-Bonbons kenne ja jeder, und er habe auch gewusst, dass es da eine intensive Werbung gegeben habe (S 7 des Protokolls vom 27. 2. 2003 = AS 81).

Zutreffend hat das Berufungsgericht festgehalten, dass die Unlauterkeit der Benützung nach § 10 Abs 2 MSchG Tatbestandsmerkmal ist (ecolex 2002, 267 - BOSS Zigaretten III). Es sind alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen und die beiderseitigen Interessen umfassend abzuwägen. Die Rufschädigung ist in aller Regel auch unlauter. Anders kann es bei der Rufausbeutung liegen. Denn die Anlehnung an eine fremde Leistung und die Ausnutzung eines guten Rufs ist nicht stets verwerflich. Es muss zur objektiven Rufausbeutung etwas Anstößiges hinzutreten, Anhaltspunkte hiefür bilden etwa die Verwendung identischer Zeichen, die Behinderung des Markeninhabers in der eigenen wirtschaftlichen Verwertung der Marke auf dem fraglichen Waren/Dienstleistungsgebiet und vor allem die - meist naheliegende, wenn nicht konkret widerlegte - Zielrichtung, am fremden Ruf zu schmarotzen (Ströbele/Hacker aaO Rn 185 mwN, Ingerl/Rohnke, MarkenG2 § 14 Rn 842 mwN). Die von den Vorinstanzen festgestellten persönlichen Motive des Zweitbeklagten für die Wahl der Etablissementbezeichnung "Firn" vermögen die durch die Verwendung des identischen Zeichens begründete Vermutung der Rufausbeutung entgegen der von den Vorinstanzen vertretenen Auffassung nicht zu widerlegen.

Es liegt vielmehr dessenungeachtet nahe, dass der auch nach Ansicht des Berufungsgerichts wohl durch den frischen Pfefferminzgeschmack der Firn-Bonbons begründete gute Ruf dieser Marke auf die von den Beklagten angebotenen Dienstleistungen übertragen werden sollte. Frische bzw Erfrischung liegt auch als für einen Cafe- oder Barbetrieb positiver Begriff nahe, lässt sich aber auch auf die von den Beklagten durchgeführten Veranstaltungen ("Events"), die Personenauswahl (Casting) und Go-go-Darbietungen umfassen, übertragen. Da das persönliche Bedürfnis des Zweitbeklagten, seine ehemalige Lebensgefährtin zu ärgern/verspotten, jedenfalls keine Rechtfertigung für die offensichtliche Rufausbeutung sein kann, liegt selbst dann eine Markenverletzung nach § 10 Abs 2 MSchG vor, wenn man die Markenverletzung nach § 10 Abs 1 Z 2 MSchG mangels konkreter Verwechslungsgefahr verneinen wollte.

Auf die weiters von der Klägerin ins Treffen geführte Rufschädigung in Form einer Übertragung negativer Vorstellungen auf ihre Marke braucht daher ebenso wenig näher eingegangen zu werden wie auf den weiters behaupteten Verstoß gegen § 1 UWG infolge Rufausbeutung. In Abänderung des Berufungsurteils ist daher dem Unterlassungsbegehren der Klägerin, das die Verwendung ihrer Marke FIRN zur Kennzeichnung der Dienstleistungen eines Kaffeehauses durch die Beklagten sowie die Verwendung des Markennamens in den Internet-Domains www.firn.at und/oder www.firn.co.at und/oder die Verwendung einer anderen, die Marke der Klägerin enthaltenden Internet-Domain zur Kennzeichnung ihrer Homepage verbieten soll, stattzugeben.

Da der Markenverletzer nach § 52 Abs 1 MSchG aber zur Beseitigung des dem Gesetz widerstreitenden Zustands verpflichtet ist, ist in Rechtsprechung und Lehre anerkannt, dass einem in seinen Markenrechten Verletzten ein Anspruch auf Beseitigung der sein Markenrecht dauerhaft störenden Einrichtungen besteht (ÖBl 1999, 87 - Ralph Lorain II; Kucsko aaO 529 mwN). Der Oberste Gerichtshof hat daher bei Verletzung von Kennzeichenrechten durch die Domain einer Website den Anspruch des Verletzten auf Beseitigung des störenden Zustands durch Abgabe einer Löschungs- bzw Verzichtserklärung gegenüber der Registrierungsstelle anerkannt (ecolex 2002, 597 - kunst Net; vgl auch ÖBl 2002, 242 - FPO.at II). Es erweist sich daher auch das von der Klägerin gegen die Erstbeklagte betreffend die Internet-Domains www.firn.at sowie www.firn.co.at gerichtete Löschungsbegehren als berechtigt.

Da die den Beklagten anzulastende Verletzung der Markenrechte der Klägerin durch Verwendung des Zeichens FIRN für das Etablissement der Beklagten, insbesondere auch durch Verwertung als Domain für deren Internetauftritt einem großen, unbestimmten Personen-(Kunden-)Kreis bekannt geworden ist, was von den Beklagten im Verfahren auch nicht substantiiert bestritten wurde, hat die Klägerin nach § 55 MSchG iVm § 149 PatG auch Anspruch auf Veröffentlichung des klagestattgebenden Urteils (Kucsko aaO 533 mwN).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 Abs 1 ZPO, hinsichtlich des Rechtsmittelverfahrens iVm § 50 Abs 1 ZPO. Der im erstinstanzlichen Verfahren erstattete Schriftsatz der Klägerin vom 14. 2. 2003 war mangels Notwendigkeit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht zu honorieren, weil das darin enthaltene Vorbringen auch erst in der darauffolgenden Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vorgetragen hätte werden können.

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