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wohnbazar.at

OGH, Beschluss vom 19.8.2003, 4 Ob 160/03p

MSchG § 4, UWG § 9

*****   Zusammenfassung   *****

"Bazar" ist ein Firmenschlagwort der Klägerin und auch Titel einer von ihr herausgegebenen Zeitschrift mit Privatinseraten (u.a. im Bereich Immobilien) sowie eine in den Klassen 16 (Zeitungen für Heimanzeigen) und 41 (Veröffentlichung von Zeitungen) registrierte Marke. Die Beklagte bot im Internet unter den Domain Namen "wohnbazar.at" und "wohnbasar.at" Raum, Wohnungen, Häuser und Immobilien anzubieten und nachzufragen.

Die Untergerichte gaben der Unterlassungs-EV statt.

Der OGH weist den außerordentlichen Revisionsrekurs zurück. Ist das von der Klägerin verwendete Kennzeichen schutzfähig, so ist ein Kennzeicheneingriff unabhängig davon zu bejahen, ob es sich dabei um ein schwaches Zeichen mit einem aus diesem Grund eingeschränkten Schutzbereich handelt. Die Arbeitsgebiete der Streitteile unterscheiden sich nicht derart durchgreifend von einander, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen den jeweils verwendeten Kennzeichen ausgeschlossen werden kann, mag auch die Klägerin ein Printmedium herausgeben und die Beklagte eine Internet-Plattform betreiben.

*****   Entscheidung   *****

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei "B*****" ***** KG, *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Michèle Grogger-Endlicher und Dr. Wolfgang Grogger, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 33.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 5. Juni 2003, GZ 4 R 33/03g-11, den

Beschluss

gefasst:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtssatz

Als rein beschreibend iSd § 4 Abs 1 Z 4 MSchG gelten Zeichen, deren Begriffsinhalt von den beteiligten Verkehrskreisen zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen oder Gedankenoperationen erschlossen werden kann und die als beschreibender Hinweis auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstanden werden (ÖBl 1998, 241 - jusline mwN; ÖBl-LS 01/95 - Dermanet; 4 Ob 169/01h = wbl 2002, 89 [Thiele] - Best Energy). Enthält das Zeichen nur Andeutungen einer bestimmten Beschaffenheit, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht rein beschreibend (vgl MR 1999, 354 - Wirtschaftswoche; ÖBl-LS 01/20 - E-MED = ecolex 2001, 127 [Schanda]; 4 Ob 237/01h = wbl 2002, 182 - drivecompany; 4 Ob 230/01d = wbl 2002, 183 - internetfactory; OPM 4/01 - Holztherm; OPM 7/01 - DERMACURE; ÖBl-LS 02/169 - "air ..."). 

Genau so, wie die Eigenschaft eines Wortes als beschreibendes Zeichen immer nur in Bezug auf jene Waren zu prüfen ist, für die es als Marke registriert werden soll, kann auch ein Zeichen nur für jene Gattungen von Waren oder Dienstleistungen nicht als Marke registriert werden, zu deren Bezeichnung es im Geschäftsverkehr allgemein verwendet wird (ÖBl 1981, 50 - Merkur-Versicherungspass; ÖBl-LS 01/175 - Die roten Seiten; 4 Ob 139/02y - SUMMER SPLASH; 4 Ob 10/03d - MORE). 

Das Rekursgericht ist von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen, wenn es das seit 1984 verwendete Firmenschlagwort der Klägerin "BAZAR", das die Klägerin auch als Titel einer von ihr herausgegebenen Zeitschrift mit Privatinseraten (ua auch im Bereich Immobilien) verwendet und das darüber hinaus als Wortmarke zugunsten der Klägerin für die Klassen 16 (Zeitungen für Heimanzeigen) und 41 (Veröffentlichung von Zeitungen) registriert ist, als hinreichend unterscheidungskräftig erachtet hat, dient doch dieses Zeichen im allgemeinen Sprachgebrauch nicht als übliche Bezeichnung von Printmedien mit Privatinseraten; auch handelt es sich dabei sonst nicht um ein so gebräuchliches Wort der Alltagssprache, dass es vom Verkehr allein und stets nur als solches und nur in seinem Ursprungssinn verstanden wird und dem deshalb die Unterscheidungskraft für die betreffenden Dienstleistungen fehlt. Die Schutzfähigkeit des in Frage stehenden Zeichens wird damit nicht erst durch seiner Verkehrsgeltung begründet. 

Verwechslungsgefahr iS des § 9 Abs 1 UWG ist dann anzunehmen, wenn durch den Gebrauch der Bezeichnung die Annahme einer Herkunft der Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus solchen Unternehmen, die untereinander in besonderen Beziehungen wirtschaftlicher oder organisatorischer Art stehen, hervorgerufen werden kann (ÖBl 1983, 80 - Bayer; ÖBl 1990, 29 - Imperial uva). Sie wird vor allem durch die Gleichheit oder Ähnlichkeit der vertriebenen Waren (Dienstleistungen) ausgelöst, wobei ein Schutz nach § 9 Abs 1 UWG dann nicht mehr gewährt wird, wenn die von den Parteien vertriebenen Waren oder Dienstleistungen so weit voneinander entfernt sind, dass keine Gefahr von Verwechslungen mehr besteht (ÖBl 1986, 73 - Hotel Sacher; ÖBl 1992, 147 - AVL; ÖBl 1997, 72 - Schürzenjäger; 4 Ob 116/99h uva). Für die Beurteilung der Branchengleichheit oder Branchennähe kommt es in erster Linie auf das tatsächliche Tätigkeitsgebiet jener Unternehmen an, die die gleichen oder ähnlichen Zeichen führen (ÖBl 1992, 152 - INA; ÖBl 1997, 72 = MR 1997, 52 = WBl 1997, 130 - Schürzenjäger; 4 Ob 116/99h). 

Die Beklagte hat im Internet unter den Domain Namen "wohnbazar.at" und "wohnbasar.at" Raum geboten, Wohnungen, Häuser und Immobilien anzubieten und nachzufragen. Das Rekursgericht ist bei dieser Sachlage zum zutreffenden Ergebnis gelangt, dass sich die Arbeitsgebiete der Streitteile nicht derart durchgreifend von einander unterscheiden, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen den jeweils verwendeten Kennzeichen ausgeschlossen werden kann, mag auch die Klägerin ein Printmedium herausgeben und die Beklagte eine Internet-Plattform betreiben. 

Ist das von der Klägerin verwendete Kennzeichen schutzfähig, so ist ein Kennzeicheneingriff unabhängig davon zu bejahen, ob es sich dabei um ein schwaches Zeichen mit einem aus diesem Grund eingeschränkten Schutzbereich handelt. Auch schwache Zeichen werden jedenfalls dann verletzt, wenn - wie hier - das von der Klägerin als Firmenschlagwort, Zeitschriftentitel und Marke verwendete Zeichen zur Gänze übernommen wurde und innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck prägen, in den Hintergrund tritt (ÖBl 1996, 93 - Miss Fitness Austria mwN; wbl 1999/25 - GEO; ÖBl-LS 2003/10 - Vienna Delights; 4 Ob 13/03d - good vibrations). Das Rekursgericht hat die Verwechslungsgefahr der einander gegenüberstehenden Kennzeichen der Streitteile bejaht; darin liegt keine Fehlbeurteilung im Einzelfall.

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