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OGH, Beschluss vom 28.9.2004, 4 Ob 155/04d

UWG § 25

*****   Zusammenfassung   *****

Die Klägerin bietet ebenso wie die beklagte Gesellschaft den Abschluss von Sportwetten via Internet an. Einer der beiden Geschäftsführer der Beklagten ließ ohne Wissen des anderen auf seinen Namen und seine Privatadresse eine Domain registrieren, die bis auf einen Buchstaben ident mit der Geschäftsbezeichnung (Hauptdomain) der Klägerin war. Als Domaininhaber richtete er (zunächst unbemerkt) eine automatische Weiterleitung ("Link") auf die Startseite der Internetpräsenz der beklagten Partei ein. Ohne die Beklagte oder deren "untreuen" GF zuvor abzumahnen, wurde allein die Gesellschaft als Mitbewerberin geklagt. Die Klägerin begehrte, gestützt auf unlauteres "Typosquatting" nach §§ 1, 2 UWG Unterlassung, Beseitigung des Links, Schadenersatz und Veröffentlichung. Die beklagte Gesellschaft bot noch im Provisorialverfahren einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich an, der allerdings nicht das geforderte Veröffentlichungsbegehren auf ihrer Homepage mitumfasste; dies im wesentlichen mit der Begründung, das Veröfentlichungsbegehren wäre zu unbestimmt, überschießend und entspräche nicht der bisherigen Judikatur.

Das Erstgericht erließ die beantragte Unterlassungs-EV, das Rekursgericht bestätigte.

Der OGH weist den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Gesellschaft zurück. Zweck der Urteilsveröffentlichung sei es, das irregeführte Publikum über einen bestimmten Gesetzesverstoß aufzuklären, der auch in Zukunft noch nachteilige Wirkungen besorgen lasse. Die Entscheidung sei daher nach st Rsp dort zu veröffentlichen, wo die Berichtigung der durch den Wettbewerbsverstoß hervorgerufenen falschen Vorstellung erreicht werden kann. Dafür ist in erster Linie maßgebend, wie und auf welche Weise die falsche Vorstellung herbeigeführt wurde. Im gegenständlichen Fall läge der Wettbewerbsverstoß in der Weiterleitung von interessierten Wettkunden von einer von ihrem Geschäftsführer mit einer der Domain der Klägerin täuschend ähnlichen Adresse eingerichteten Website auf die Website der Beklagten. Demzufolge wäre die Aufklärung fehlgeleiteter Nutzer im Rahmen des Internetauftritts der Beklagten zweckmäßig und angemessen. Die Veröffentlichungsdauer von 28 Tagen wäre ebenfalls nicht zu beanstanden. Allfällig notwendige Präzisierungen betreffend Größe der Einschaltung im Vergleich zum Bildschirm, Gestaltung als Pop-up-Fenster udgl. könnten vom Erstgericht vorgenommen werden. Die Ablehnung des zulässigen Veröffentlichungsbegehrens durch die Beklagte habe daher ein Weiterbestehen der Wiederholungsgefahr bewirkt.

*****   Entscheidung   *****

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O****** GmbH, *****, Linz, vertreten durch Dr. Peter Burgstaller, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei B***** GmbH, Wels, vertreten durch Dr. Clemens Thiele, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 32.340 EUR), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 2. Juni 2004, GZ 3 R 107/04g-12, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung beseitigt das Angebot des Beklagten, sich in einem vollstreckbaren Vergleich zu der vom Kläger begehrten Unterlassung zu verpflichten und ihm damit all das zu bieten, was er durch ein seinem Unterlassungsbegehren stattgebendes Urteil erlangen könnte, regelmäßig die Wiederholungsgefahr (SZ 67/60 mwN uva; RIS-Justiz RS0079899). Begehrt die Klägerin - wie im vorliegenden Fall - auch Urteilsveröffentlichung, so beseitigt das Vergleichsanbot die Wiederholungsgefahr nur dann, wenn der Klägerin auch die Veröffentlichung des Vergleichs auf Kosten der Beklagten im angemessenen Umfang angeboten wird (stRsp; ÖBl 2001, 63 - Teppichknoten; RIS-Justiz RS0079921). Dies gilt auch dann, wenn der Vergleich im Provisorialverfahren angeboten wird, in dem nur der Unterlassungsanspruch gesichert werden soll (ÖBl 1989, 52 - Carsound/Carsonics).

Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung widerspricht die von der Klägerin angestrebte Veröffentlichung der Unterlassungsverpflichtung auf der Website der Beklagten nicht den Grundsätzen der Rechtsprechung zu Art und Umfang der angemessenen Urteilsveröffentlichung, soll doch die Aufklärung des durch eine wettbewerbswidrige Maßnahme irregeführten Publikums erreicht werden (SZ 51/76 uva; RIS-Justiz RS0079764). Das Urteil ist daher dort zu veröffentlichen, wo die Berichtigung der durch den Wettbewerbsverstoß hervorgerufenen falschen Vorstellung erreicht werden kann. Dafür ist in erster Linie maßgebend, wie und auf welche Weise die falsche Vorstellung herbeigeführt wurde (ÖBl 2003, 176 - Schlechte Qualität). Da der Wettbewerbsverstoß, den die Beklagte zu verantworten hat (Weiterleitung von Interessenten von einer von ihrem Geschäftsführer mit einer der Domain der Klägerin täuschend ähnlichen Adresse eingerichteten Website auf die Website der Beklagten), zur Irreführung von Kunden, die das Angebot der Klägerin im Internet erreichen wollten, aber auf die Website der Beklagten gelangten, führen konnte, ist deren Aufklärung im Rahmen des Internetauftritts der Beklagten zweckmäßig und angemessen.

Bedarf die Klägerin zur Urteilsveröffentlichung der Mitwirkung der Beklagten, so ist diese analog einem Medienunternehmer nach § 25 Abs 7 UWG verpflichtet, die Veröffentlichung ohne unnötigen Aufschub vorzunehmen (ÖBl 2003, 31 - BOSS Zigaretten IV [Fallenböck]). Ist die Klägerin berechtigt, die Urteilsveröffentlichung in einem Medium der Beklagten zu verlangen, kann sie sofort die Verurteilung der Beklagten zur Veröffentlichung begehren, ohne davor im Sinn des § 25 Abs 3 UWG formal dazu ermächtigt worden zu sein (4 Ob 141/04w). Das Begehren, die Beklagte zur Urteilsveröffentlichung auf ihrer Website zu verpflichten, ist somit ebensowenig zu beanstanden wie die angestrebte Veröffentlichungsdauer von 28 Tagen (vgl ÖBl 2003, 31 - BOSS Zigaretten IV [30 Tage]). Allfällig notwendige Präzisierungen des Veröffentlichungsbegehrens (Größe der Einschaltung im Vergleich zum Bildschirm, Gestaltung als Pop-up-Fenster) wären vom Gericht vorzunehmen (ÖBl 1996, 285 - Technodat-Küchenplanung; RIS-Justiz RS0079981). Auch unter diesem Aspekt kann von einem unzulässigen Veröffentlichungsbegehren der Klägerin, dessen Ablehnung durch die Beklagte der Annahme nicht entgegensteht, die Wiederholungsgefahr sei durch das Anbot eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs weggefallen, keine Rede sein.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

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