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krone.co.at

OGH, Beschluss vom 8.7.2003, 4 Ob 153/03h

ABGB § 43

*****   Zusammenfassung   *****

Der Krone-Zeitungsverlag klagt den Inhaber der Domain krone.co.at.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab; das Rekursgericht bestätigte.

Der OGH weist den außerordentlichen Revisionsrekurs der Klägerin zurück. Das Begehren auf Übertragung oder Löschung einer registrierten Domain ist im Rahmen des Provisorialverfahrens unzulässig; denn dadurch könnte eine nicht mehr rückgängig zu machende Sachlage geschaffen werden. Die AGB der nic.at, und damit die Möglichkeit des Wartestatus, sind keine notorischen Tatsachen, sodass von der Möglichkeit der Sperre eines Inhaberwechsels nicht auszugehen war.

*****   Entscheidung   *****

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** KG, *****, vertreten durch Dr. Christian Ebert und Dr. Thomas Huber, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Gunar D*****, vertreten durch Dr. Günter Niebauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung; Einwilligung in die Übertragung, Zahlung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 55.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 23. April 2003, GZ 4 R 67/03g-18, den

Beschluss

gefasst:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Nach ständiger Rechtsprechung darf durch eine einstweilige Verfügung keine Sachlage geschaffen werden, die im Fall eines diese Verfügung nicht rechtfertigenden Urteils nicht rückgängig gemacht werden kann (SZ 60/196; ÖBl 1996, 127 - Feuerlöschgeräte; SZ 73/140 = ÖBl 2001, 30 - fpo.at); dies wäre mit dem Wesen einer solchen Entscheidung als bloße Sicherungsmaßnahme unvereinbar (ÖBl 1996, 127 - Feuerlöschgeräte; 4 Ob 339/98a). Der erkennende Senat hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass eine einstweilige Verfügung, die zur Löschung einer registrierten Domain führt, insoweit einen unumkehrbaren Zustand schafft, als Dritte die Möglichkeit erhalten, die freigewordene Domain für sich registrieren zu lassen; dadurch wird es dem Beklagten unmöglich gemacht, die Domain - sollte sich die einstweilige Verfügung nachträglich als unberechtigt erweisen - wieder zu beanspruchen (ÖBl 2000, 73 - format.at; SZ 73/140 = ÖBl 2001, 30 - fpo.at).

Nichts anderes gilt für das im Streitfall abgewiesene Sicherungsbegehren, die zugunsten der Beklagten registrierte Domain auf die Klägerin zu übertragen, in eventu, in deren Löschung zu Gunsten der Klägerin einzuwilligen. Das dazu von der Klägerin erstmals im Rekurs vorgetragene Argument, Punkt 2.2. der AGB 2000 der Domain-Registrierungsstelle nic.at erlaube die Hemmung der Übertragung einer Domain an von den Streitparteien verschiedene Dritte für die Dauer eines Rechtsstreits und schaffe einen Zustand, der wieder rückgängig gemacht werden könne, verstößt gegen das im Rekursverfahren geltende Neuerungsverbot (Kodek in Rechberger, ZPO² § 526 Rz 3 mwN). Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich dabei nämlich nicht nur um rein rechtliche Ausführungen und Darstellungen, weil der Prüfung der Rechtsfolgen der aufgezeigten Bestimmung denknotwendig die Klärung der Tatfragen voranzugehen hat, welchen genauen Inhalt die genannten AGB 2000 haben und ob sie auf das zwischen der Beklagten und der nic.at bestehende Vertragsverhältnis überhaupt Anwendung finden (zumal ein genauer Registrierungszeitpunkt der strittigen Domain nicht bescheinigt ist).

Dass die AGB leicht über das Internet abgerufen werden können und die nic.at Monopolstellung bei der Domain-Verwaltung besitzt, macht ihren Inhalt noch nicht notorisch; eine Tatsache ist nur dann gerichtskundig iSd § 269 ZPO, wenn der Richter die Tatsache kennt, ohne erst in bestimmte Unterlagen (Firmenbuch, Amtsblätter uä) Einsicht nehmen zu müssen (ÖBl 2000, 64 - Viagra mwN).

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