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Beschlagnahme von Bankomatvideos

LG Klagenfurt, Beschluss vom 23.1.2008, 7 Bl 5/08s

BWG § 38, StPO § 115, § 116, § 145a aF

*****   Zusammenfassung   *****

Das Bezirksgericht ordnete in einem Verfahren wegen § 127 StGB gegen unbekannte Täter die Beschlagnahme der Aufzeichnung der Überwachungskamera eines Bankomaten an, weil ein Kunde vergessen hatte das Geld mitzunehmen und ein Unbekannter das Geld an sich genommen hatte. Dagegen erhob die Bankomatbetreiberin Beschwerde unter Hinweis auf das Bankgeheimnis.

Das LG gibt der Beschwerde nicht Folge. Lichtbilder oder Videoaufnahmen der Überwachungskamera eines Geldausgabeautomaten unterliegen nicht dem Bankgeheimnis nach § 38 BWG, sodass eine Überwachung und deren Auswertung nach § 116 StPO (§ 145a StPO aF) zulässig ist. Für die Annahme, eine auf einem Lichtbild der Überwachungskamera abgebildete Person sei ein Bankkunde, bedarf es konkreter Anhaltspunkte; auf Grund eines Vergleiches der Zeitpunkte der Aufnahme und der Behebungen hätte das Kreditinstitut die Möglichkeit, derartige Anhaltspunkte zu schaffen.

*****   Entscheidung   *****

Das Landesgericht Klagenfurt hat in der Strafsache gegen unbekannte Täter wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB über die Beschwerde der ***** gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Völkermarkt vom 27.11.2007, 4 U 142/07 x-5, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst: Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Begründung:

Mit dem angefochtenen Beschluss ordnete das Bezirksgericht Völkermarkt die Beschlagnahme des Videobandes bzw der Fotos der Videoüberwachung des von der Beschwerdeführerin betriebenen Bankomaten im Betrieb der Firma ***** in *****, für den Zeitraum 3.11.2007, 12.32 Uhr bis 12.40 Uhr, an und verpflichtete die Beschwerdeführerin zur Herausgabe des ausgewerteten Videomaterials bzw der Lichtbilder an die Beamten der Polizeiinspektion Völkermarkt.

Zur Begründung führte es aus, dass ***** beim angeführten Bankomaten am 3.11.2007 gegen 12.33 Uhr einen Bargeldbetrag von € 300,-- behoben, das Geld aber nicht an sich genommen, sondern darauf vergessen habe. Es bestünde der Verdacht, dass unbekannte Täter das Geld gestohlen hätten. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der ***** mit der Intention der Entscheidungskassation.

Die Beschwerde ist nicht im Recht.

Vorweg ist festzuhalten, dass nach § 516 Abs 1 StPO im Beschwerdeverfahren nunmehr die durch das Strafprozessreformgesetz geänderten Verfahrensbestimmungen anzuwenden sind. Da sich die geltende Rechtslage (§§ 115 und 116 StPO) von den außer Kraft getretenen Verfahrensbestimmungen inhaltlich kaum unterscheidet, ergibt sich dadurch für die Beurteilung der Beschwerdeargumente keine Änderung.
Nach § 38 Abs 1 BWG dürfen Kreditinstitute, wozu auch die Beschwerdeführerin zu zählen ist, sowie für diese tätige Personen Geheimnisse, die ihnen ausschließlich aufgrund der Geschäftsverbindung mit Kunden anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, nicht offenbaren oder verwerten. Diese Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses besteht allerdings nicht im Zusammenhang mit eingeleiteten gerichtlichen Strafverfahren, wobei die verfahrensrechtliche Durchführung der Durchbrechung des Bankgeheimnisses im § 116 StPO (vormals § 145 a StPO) geregelt ist.
Zutreffend moniert die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang die durch die Zuständigkeit des Landesgerichtes gezogene Beschränkung der Auskunftspflicht (Flora in WK-StPO § 145 a Rz 20, 24).

§ 38 Abs 1 BWG erfasst aber nur solche Informationen, die den zur Geheimhaltung Verpflichteten aufgrund der Geschäftsverbindung mit Kunden oder aufgrund einer Großkreditmeldung (§ 75 Abs 3 BWG) anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, nicht jedoch die Herausgabe einer Videoaufnahme bzw aufgenommener Lichtbilder einer Überwachungskamera (13 Os 89/07 y). Die von der Beschwerdeführerin verlangte Differenzierung nach dem Zweck der Videoüberwachung - entweder Dokumentation des Geschäftsvorganges der Bargeldbehebung oder Überwachung zur Gewährleistung der Sicherheit der sich in den Bankräumen befindlichen Personen - ist der zitierten Entscheidung nicht zu entnehmen. Schon aufgrund dieser Erwägungen ist der bekämpfte Beschluss nicht zu kritisieren.

Auch unter Bedachtnahme darauf, dass ein Kunde im Sinne des Bankwesengesetzes nicht nur eine Person ist, die eine dauernde Geschäftsverbindung zu einem Kreditinstitut unterhält, sondern jeder, der das Kreditinstitut zumindest für ein einzelnes Rechtsgeschäft heranzieht, wozu auch Bareinzahlungen am Schalter oder Behebungen an einem Bankomaten zählen, demnach die auf dem Videomaterial abgebildete Person auch ein Bankgeschäft getätigt haben könnte, hat der Erstrichter mit Recht die Beschlagnahme angeordnet. Weder aus der Aktenlage noch aus der Beschwerde lässt sich nämlich ableiten, dass die auf dem für den Zeitraum von 12.32 Uhr bis 12.40 Uhr des ***** erstellten Datenträger lichtbildlich festgehaltenen Person oder Personen Bankgeschäfte tatsächlich vornahmen. Die Beschwerdeführerin stellt in diesem Zusammenhang lediglich Vermutungen auf, wenngleich ihr schon der zeitliche Vergleich zwischen der Video- bzw Fotoaufnahme und den ebenfalls zeitmäßig erfassten Geldbehebungsvorgängen am Bankomaten ausreichende Anhaltspunkte für einen derartigen Konnex erbringen könnte (Flora aaO § 145 a Rz 116, 117, 7 Bl 109/07 h, 7 Bl 21/07 t je des LG Klagenfurt).

Der Verweis auf § 452 Z 4 StPO aF, womit behauptet wird, bei den beschlagnahmten Bildern und Videoaufzeichnungen handle es sich um Papiere, deren Durchsuchung nur möglich sei, wenn sie dem Beschuldigten gehörten, schlägt fehl, zumal nach der nunmehr geltenden Rechtslage eine entsprechende Einschränkung im Verfahren vor dem Bezirksgericht infolge Wegfalls dieser Bestimmung nicht mehr stattfindet. Zwar unterlagen - was der Vollständigkeit halber angemerkt sei - dem Schutzziel des § 145 StPO aF nicht nur Information, die auf Papier festgehalten war. Auch andere Trägermedien, wie Disketten oder CD-Roms konnten dementsprechende Aufzeichnungen von Gedanken beinhalten. Die besondere Garantiefunktion der Norm setzte aber inhaltlich voraus, dass auf dem Speichermaterial Gedanken festgehalten wurden, wozu jedenfalls nicht Videoaufzeichnungen und Fotos zählten (Tipold/Zerbes WK-StPO 145 Rz 3 ff).

Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ist durch den kurz gewählten Editionszeitraum und den Umstand, dass lediglich die Beschlagnahme von Videoaufnahmen bzw Lichtbildern erfolgt ist, gegeben. Weitere Ermittlungsmethoden sind insbesondere mangels vorhandener Tatzeugen nicht geeignet, den unbekannten Täter auszuforschen. Dem Kassationsbegehren war deswegen nicht Folge zu geben.

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